Die Jungfrau von Orléans (Schiller)

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Schillers Drama "Die Jungfrau von Orleans" ist 1801 erschienen. Es war zu Lebzeiten Schillers eines seiner am häufigsten gespielten Stücke. Seine Entstehungszeit und die Veröffentlichung fallen in das "Klassische Jahrzehnt", auch die "Weimarer Epoche" oder die "Weimarer Klassik" genannt. Diese Epoche ist wesentlich gekennzeichnet durch die Zusammenarbeit von Schiller und Goethe.

Während der Klassik kommt dem Theater eine bedeutende Rolle zu. Für Schiller hat ein Theater mehr Wirkung, als theoretische Belehrungen. Da seiner Meinung nach Kirche und Staat darin, die Menschen zu bilden, versagt haben, will er, dass das Theater die Bildungsfunktion übernimmt.

Schiller nannte das Theater auch "moralische Anstalt". Er war überzeugt davon, dass das Bühnenbild eine Bewusstseinserweiterung des Zuschauers bewirken könne und solle. Diese entstehe durch das beispielhafte Geschehen auf der Bühne und die emotionale Beteiligung des Zuschauers. Dadurch beziehe der Zuschauer diese Dinge direkt auf sich selbst und integriere diese sozusagen in sein eigenes Moralsystem. Der Mensch solle zur inneren und äußeren Freiheit gebracht werden, denn "keine Regierung könne die Völker bürgerlich frei machen, bevor diese sich nicht selbst moralisch frei gemacht hätten".

Für Schiller sollte das Theater also mehr als nur theoretische Belehrungen bewirkten; es sollte vielmehr eine ästhetische Erziehung durch Belehrung und Vergnügen erzielen. Ein Drama ist als Theaterstück für den Zuschauer emotional sehr ansprechend. Durch die Darstellung der Geschichte in Form eines Dramas wird diese für den Zuschauer interessanter gemacht.

Inhaltsverzeichnis

Handlungsverlauf des Dramas

Erster Aufzug

Erster Auftritt: Dunois steht nicht mehr hinter dem König Karl.

Zweiter Auftritt: König ist bankrott und auf Hilfe seiner Verbündeten angewiesen. Die Truppen der Schotten drohen damit, abzuziehen.

Dritter Auftritt: Orleans wird immer mehr zerstört. Es herrscht Hungerplage. Die Ratsherren übermitteln einen Friedensvertrag der Engländer. Saintrailles ist tot.

Vierter Auftritt: Agnes Sorel (Geliebte des Königs) gibt dem König ihren Schmuck, damit er die Truppen bezahlen kann.

Fünfter Auftritt: Phillip Der Gute will Du Chatel ausgeliefert bekommen, weil dieser seinen Vater getötet hat. Karls Mutter will ihren anderen Sohn auf den Thron setzen. Karl will Orleans aufgeben. Sorel und einige andere ermutigen ihn, weiter zu kämpfen. Dunois will in den Krieg ziehen.

Sechster Auftritt: Um Frieden zu schließen, will Du Chatel sich Phillip ausliefern lassen. Karl lehnt dies ab (sie sind gute Freunde).

Siebter Auftritt: Karl und Agnes reden über den Abschied von Orleans und ein schöneres Frankreich aus der anderen Seite der Loire.

Achter Auftritt: Karl hat gesiegt.

Neunter Auftritt: Ritter Raul berichtet, dass eine Jungfrau in der der Schlacht erschienen sei und über 2000 Feinde Frankreichs gesiegt habe. Das Volk ist fasziniert und glaubt an die Jungfrau, die versprochen hat, Orleans zu retten.

Zehnter Auftritt: Johanna beweist, dass sie von Gott gesendet wurde (Königsgebete). Karl überlässt ihr die Führung des Heeres.

Elfter Auftritt: Ein Herold, der vom Graf v. Salisbury geschickt wurde, erscheint. Johanna prophezeit, sein Graf sei bereits tot.

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt: Burgund, Talbot und Lionel streiten sich wegen der Niederlage. Burgund droht, nach England zurückzukehren.

Zweiter Auftritt: Dank Isabeau wird der Streit beigelegt. Talbot, Lionel und Burgund wollen sie nicht mehr im Krieg dabeihaben. Gekränkt und beleidigt zieht sie ab.

Dritter Auftritt: Talbot, Lionel und Burgund wollen am nächsten Morgen in den Krieg gegen Johanna ziehen.

Vierter Auftritt: Johanna und ihr Gefolge greifen die eben genannten Personen bei Nacht an. Dunois und La Hire wollen Johanna aus Schutzgründen nicht kämpfen lassen - sie setzt sich jedoch durch.

Fünfter Auftritt: Talbot bleibt als einziger standhaft, während viele andere Ritter einfach fliehen. Er hält Johanna für eine Lügnerin.

Sechster Auftritt: Montgomery bereut, nach Frankreich gekommen zu sein. Er fürchtet sich vor Johanna.

Siebter Auftritt: Montgomery fleht um sein Leben. Nach einem kurzen Gefecht tötet Johanna ihn. Johanna weiß, dass sie nie wieder nach Hause kommen wird.

Achter Auftritt: Monolog Johannas: Sie will eigentlich nicht töten, tut es jedoch wider Willen.

Neunter Auftritt: Burgund will Johannas Tod.

Zehnter Auftritt: Burgund will mit Johanna kämpfen, sie kann ihn jedoch für ihre Seite gewinnen.


Johanna, die Hauptperson des Dramas

  • hat kein Interesse am Heiraten
  • tapfer,mutig
  • liebt ihr Land (Frankreich)
  • gläubig
  • stammt aus ärmeren Verhältnissen (Bauernmädchen)
  • hat 2 Schwestern (Margot,Louison)
  • kann ihre "Triebe" unterdrücken-> unweibliches Verhalten
  • schön,begabt
  • willensstark,stur
  • Mission: Frankreich zum Sieg führen
  • wird erst als "Heilige" später als Hexe angesehen
  • verfolgt unbeirrt ihr Ziel

Welches Bild haben die übrigen Personen im Drama von Johanna?

In dem Drama "Die Jungfrau von Orleans" von Schiller stehen sich zwei vollständig unterschiedliche Meinungen der anderen Personen über Johanna gegenüber: Sie wird entweder angebetet oder abgrundtief gehasst.

Positives Bild:

  • Anbetung (z.B. Agnes Sorel)
  • Bewunderung (z.B. Schwestern, Raimond)
  • "heilige Jungfrau" (z.B. König Karl, Erzbischof)
  • bedingungslose Liebe (z.B. Dunois, La Hire)

Zitat aus Reclam Ausgabe S.40 Zeile 1044 Karl: "Genug! Ich glaube dir! Soviel vermag Kein Mensch! Dich hat der höchste Gott gesendet."

Negatives Bild:

  • Hass (z.B. Isabeau)
  • "Hexe" (z.B. Thibaut)
  • "Satansbrut" (z.B. Talbot, Isabeau)
  • "Teufelswerk" (z.B. Fastolf)
  • Spott (z.B. Talbot, Thibaut)

Zitat aus Reclam Ausgabe S.48 Zeile 1254 Talbot: "...Die Höll ist los, der Satan kämpft für Frankreich!..."

Änderung der Meinung:

  • erst Bewunderung, dann Verbannung (z.B. König)
  • erst Hass, dann Liebe (Lionel)

Zitat aus Reclam Ausgabe S.92 Zeile 2472 S.92 Zeile 2489 Linoel: "Ich hasse dich und dein Geschenk..." - "Mich jammert deine Jugend, deine Schönheit! Dein Anblick dringt mir an das Herz."

Johannas Gefühle:

Die Gefühle Johannas sind nur schwer zu ergründen, da das Werk in Dramaform (also als Theaterstück) geschrieben ist, und wir so nicht durch den Autor bzw. einen allwissenden Erzähler über ihre Emotionen unterrichtet werden. Eie einzige Möglichkeit, Einblicke in Johannas Gefühlsleben zu gewinnen, ist also, wenn sie direkt über ihre Gefühle spricht.

Was wir dennoch über Johanna sagen können: Schon in den ersten Aufzügen können wir an ihren Reaktionen auf den Einmarsch der Engländer erkennen, dass sie sehr patriotisch gesinnt ist. Sie liebt ihr Land und ist bereit, alles dafür zu geben, damit es nicht in "die schmutzige" und verhasste Feindeshand fällt. Unverkennbar ist auch ihre Gottesfürchtigkeit. Sie liebt Gott, verschreibt sich seinem Willen und der Aufgabe, die er ihr aufgetragen hat. Ihm zuliebe schwört sie allen anderen irdischen Gelüsten ab. Durch die Tatsache, dass sie die Auerwählte Gottes ist , fühlt sie sich stark, geradezu unbezwingbar. Sie handelt in der Gewissheit, im Namen Gottes zu handeln; dadurch, so glaubt sie, könne zwar ihr Körper sterben, aber ihr Geist sei frei und erhaben.

Eine Wendung erfährt ihr Gemütszustand nach dem Treffen mit dem englischen Anführer Lionel. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie Liebe zu einem irdischen Mann (und nicht Gott). Über diesen Fakt verzweifelt sie - zum einen, weil sie sich ausgerechnet in einen ihrer Feinde verlieben musste; zum anderen, weil sie sich nun mit extremen Schuldgefühlen gegenüber Gott und der Heiligen Jungfrau zu kämpfen hat. Gott erlegte ihr auf, sich nie wie ein "gewöhnliches Weib" zu benehmen, geschweige denn so zu fühlen. Sie empfindet starke Reue, dass sie jemals von Zuhause weg gegangen ist, und "den Stab gegen das Schwert tauschte". Durch dieses Heimweh zeigt sie auch zum ersten Mal anderen Menschen gegenüber ihre Zuneigung - gegenüber ihrer Schwestern als sie diese, beim Krönungszug, wiedersieht.

Zum Ende hin fällt sie die Entscheidung, sich doch Gottes Wille zu unterwerfen, und entscheidet sich gegen die irdische Liebe. Sie wird wieder sicherer und ist wieder in der Lage, Gottes Aufgabe zur Vollendung zu bringen, wodurch sie, noch während sie stirbt, fast euphorische Freude empfindet, da sie ihr Aufgabe zur Vollendung bringen konnte und so in vollständiger Glückseeligkeit von den Irdischen scheiden kann.

Ein Paradoxum was sich gesamtbildlich stellt, ist folgendes: Johanna, die selber eher selten Gefühlsregungen zeigt, und wenn dann niemals Anderen gegenüber, löst hingegen bei Fremden besonders heftige Gefühlsregungen aus, seien es nun die der Liebe, oder die des Hasses.

Schillers Werk ist durch eine krasse Verfälschung der historischen Tatsachen und übermäßigen Pathos, insbesondere der Hauptperson, gekennzeichnet.

Weblinks

http://berg.heim.at/tibet/450508/Orleans.htm

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