Kabale und Liebe
Kabale und Liebe ist ein bürgerliches Trauerspiel von Friedrich Schiller und wurde am 13. April 1784 in Frankfurt am Main uraufgeführt; im Mannheimer Nationaltheather wurde das Stück zwei Tage später, am 15. April mit großem Erfolg gespielt. Es wurde zur Zeit des Sturm und Drang verfasst. Der ursprüngliche Titel "Luise Millerin" (= Protagonistin) wurde nach dem Vorschlag des Schauspielers Iffland in "Kabale und Liebe" umbenannt. Das Drama kritisiert den ständischen Gegensatz zwischen Adel und Bürgertum und schildert den Konflikt zwischen Sittsamkeit und Liebe. Im Mittelpunkt steht die unglückliche Liebe zwischen dem Adligen Ferdinand und der Musikertochter Luise. Von großem Einfluss auf das Werk war Gotthold Ephraim Lessings Emilia Galotti. "Kabale und Liebe" weist alle Kennzeichen des Sturm und Drang auf, der darin aber durch das Scheitern Ferdinands überwunden wird.
Inhalt
Friedrich Schiller beschreibt in seinem bürgerlichen Trauerspiel Kabale und Liebe den Ständekonflikt zwischen Adel und Bürgertum an Hand der Liebesbeziehung zwischen Ferdinand und Luise. Luise Miller stammt aus bürgerlichem Hause. Ihr Vater ist Musikus und zeichnet sich durch niveaulose Sprache und bürgerliche "Glaubensgrundsätze" aus. Vater Millern will für seine Tochter einen Mann aus bürgerlichem Hause. Auch im Umgang mit seiner Frau, die er stets mit harschem Ton in die Schranken weist, da sie Luises Liebe, dem Adeligen Ferdinand, wohlgesonnen ist und damit gesellschaftlichen Ehrgeiz unterstützt, zeigt sich seine Position deutlich.
Ferdinand ist aus hohem Hause. Der Präsident, sein Vater, erfährt von der Liebesbeziehung seines Sohnes zu einem bürgerlichen Mädchen, was sich mit seinem Gesellschaftsverständnis in keiner Weise vereinbaren lässt.
Mit seinem Sekretär Wurm schnürt er daraufhin eine Intrige. Aus dem früheren Wort für Intrige – Kabale – erklärt sich auch der Titel des Stücks in Zusammenhang mit der Liebe.
Der Sekretär zwingt Luise dazu, einen Liebesbrief zu verfassen, der ein angebliches Liebesverhältnis zwischen ihr und dem Hofmarschall von Kalb "entdecken" lässt und den Ferdinand dann – natürlich ganz zufällig – in die Hände bekommt und in Eifersucht entbrennt. Luises Eltern bedeuten ihr viel, und da vom Hof des Präsidenten ihren Eltern mit Pranger und Tod gedroht wird, willigt sie ein, den Brief zu schreiben.
Ferdinand hat vorher Lady Milford – die adlige Dame ist die Favoritin des Präsidenten für seinen Sohn - klar gemacht, dass er sie nicht heiraten kann und auch nicht will.
Luise gewinnt in einem Gespräch mit der Lady moralisch die Oberhand – mit ihrer schlichten Liebe zu Ferdinand. Lady Milford entsagt daraufhin der Welt und geht in ein Kloster.
Luise will mit ihrem Vater die Stadt verlassen, Ferdinand beschließt, Luise zu töten.
In einem dramatischen fünften Akt vergiftet Ferdinand Luise und sich selbst mit Hilfe einer Giftlimonade.
Die Beziehung zwischen den unterschiedlichen Ständen endet in einer Katastrophe.
Gesellschaftskonflikt
Die Hauptaussage des Trauerspiels Friedrich Schillers lässt sich in einem Satz darstellen:
Das Gesellschaftsverständnis dieser Zeit lässt es nicht zu, dass zwei Liebende aus verschiedenen Ständen ein gemeinsames Leben führen können, es wird im Gegenteil versucht – in Schillers Darstellung durch eine Intrige – die Liebenden auseinander zu bringen, um die Hierarchie der Stände zu gewährleisten.
"Das uns tyrannisierende Gesellschafts-Etwas" aus Theodor Fontanes Werk "Effi Briest" lässt sich bei der Betrachtung des Werks Schillers glanzvoll einbinden. Denn dieses Gesellschafts-Etwas ist die Thematik beider Werke. In "Effi Briest" wird der Ehebruch der Frau zum Verhängnis, in "Kabale und Liebe" ist es die Liebe zweier aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammender Personen.
Figuren
Luise Millerin
Luise Millerin ist die Hauptperson des Dramas. Sie ist blond und zwischen 16 und 17 Jahre alt. Sie ist ihrer Umwelt gegenüber aufgeschlossen und selbstlos. Sie ist eine sehr gläubige Christin und hält ihre Liebe zu Ferdinand für "Kirchenraub", der bestraft werden wird. Aus ihrer Sicht hat sie damit auch Recht. Zu ihrer Mutter hat sie ein eher schlechtes Verhältnis, was aber an deren dümmlicher Art liegt. Zu ihrem Vater, dem Musikanten Miller hingegen hat sie ein sehr gutes Verhältnis. Sie liebt ihn und würde alles für ihn tun. Alles, nur nicht mit dem Herzog schlafen. Das ist auch der Grund warum sie bei Wurms perfidem Plan mitspielt. Sie sieht keine andere Wahl, um ihren Vater zu retten. Ihr Vater hält sie von einem Selbstmord ab, erinnert sie an seine Vaterliebe und an ihren Glauben. Das wäre die größte und letzte Sünde, da sie nicht bereut werden könne. Luise ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Sittsamkeit und der Liebe zu Ferdinand. Ihre Liebe ist so stark, dass sie ihn sogar aufgeben würde, damit er später einmal Präsident werden kann, also seine gesellschaftliche Stellung nicht aufgeben muss. Luise und Ferdinand sterben beide am Ende des Dramas. Aber während sie stirbt, vergibt sie Ferdinand, ihrem Mörder, und auch dem Präsidenten, Ferdinands Vater.
Generationenkonflikt
Luise liebt ihre Eltern. Jedoch fällt es gerade ihrem Vater schwer, zu verstehen, warum sie überhaupt die Liebe gegenüber einem Adligen, ein für eine Bürgerliche damals unerreichbarer Ehepartner, zulässt.
Ferdinand von Walter
Ferdinand ist ein typischer Vertreter des Sturm und Drang. Als Sohn des Präsidenten verbietet es ihm die Gesellschaftsordnung, die bürgerliche Luise zu heiraten. Er legt jedoch keinen Wert auf seine adlige Abstammung, und wäre sogar bereit, mit Luise zu flüchten und ein neues Leben aufzubauen. Sein Besitzdenken und seine absolute Liebe zu Luise, verbunden mit seinem emotionalen Handeln, lassen ihn schon früh im Buch unbegründet eifersüchtig auf Luise werden. Er ist mit großer Gebärde bereit, die gesamte Weltordnung einzureißen und Gott selbst herauszufordern. Letztendlich maßt er sich die Rolle Gottes als Rächer an und tötet eine Unschuldige.
Beziehung Luise - Ferdinand
- Luise:
- bürgerlich, tugendhaft, vernünftig, pflichtbewusst,
- fromm, liebt ihren Vater
- Luise sieht die Realität und glaubt deshalb nur an eine Zukunft (Beziehung) im Jenseits
- Ferdinand:
- adelig, egoistisch, stürmisch, leidenschaftlich, impulsiv, realitätsfern, eifersüchtig
- liebt Luise von ganzem Herzen und sieht keine Schranken, will mit Luise fliehen
Die Beziehung scheitert, weil die beiden unterschiedliche Wertvorstellungen haben, Luise ihre bürgerliche Tugend nicht aufgibt und Ferdinand an Luises Liebe zweifelt. --> Intrige funktioniert
Sekretär Wurm
Wurm ist der Sekretär und Vertraute des Präsidenten. Er ist bürgerlicher Abstammung, zählt sich selbst aber zum Adel. Eigentlich ist er keines von beidem, denn von den Bürgern wird er zum Adel gezählt und vom Adel zum Bürgertum. Er ist der Intrigant des gesamten Dramas. Er erfindet den perfiden Plan, Luise Miller einen falschen Brief an den Hofmarschall Kalb zu schreiben, damit Ferdinand sie verlässt und wie nach Plan Lady Milford heiratet. Somit wäre Luise für ihn frei. Wurm weiß über alles und jeden am Hof des Herzogs bescheid. Deshalb kann er diesen Plan auch mit Perfektion durchführen. Mit heutigen Begriffen würde man ihn als schmierigen Heuchler, Spion, Lügner und Betrüger bezeichnen.
Lady Milford
- aufgewachsen in Deutschland als Johanna von Norfolk
- Geliebte des Herzogs - wechselseitige Beziehung: einerseits ermöglicht das Verhältnis ihr ein standesgemäßes Leben und sie hat andererseits die Möglichkeit, den Fürsten positiv zu beeinflussen und somit den Angehörigen niederer Stände ein angenehmeres Leben zu bereiten => Lady M. ist trotz allem mit ihrer Situation nicht wirklich glücklich.
- sie ist die Drahtzieherin hinter dem Plan, dass Ferdinand sie heiraten soll
- sie ist verliebt in Ferdinand, sie mag besonders seine bürgerlichen Tugenden und seine Unschuld
- beeindruckt von Luises Verständnis von Ehre und Liebe, will Ferdinand jedoch nicht in Luises Armen sehen
- entspricht nicht den typischen Normen des Adels: handelt nicht nach einem vom Adel vorgegebenen Muster, sondern lässt sich eher von ihren Gefühlen leiten
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Kabale und Liebe als Gesellschaftskritik
Der Adel wird in "Kabale und Liebe" sehr negativ dargestellt: Der Herzog unterdrückt sein Volk, beutet es aus ("Fürstenwillkür"); v. Walter und v. Kalb sind durch Verbrechen in ihre Stellung gekommen (gewissenlos und intrigant); der Adel führt ein unchristliches, unmoralisches Leben und ist unehrlich (Bedeutung des Eids; Herzog hält sich nicht an die Versprechen an Lady Milford).
Schuld an Luises Tod
Rein juristisch ist Ferdinand schuld am Tode Luises, da er sie vergiftet. Aus moralischer Sicht haben auch Wurm und der Präsident Schuld an Luises Tod. Auch Luises Vater trifft einen Teil der Schuld, da er Luise moralisch und religiös unter Druck setzt. Die Hauptschuld am Tode Luises hat jedoch die Gesellschaft, da diese die Ständeklausel sehr ernst nimmt.
Bezüge zu Schillers Leben
Kabale und Liebe entstand, um der Empörung gegen Herzog Karl Eugen Ausdruck zu verleihen, da Schiller tiefe Einblicke in die Unmoral vieler Regenten dieser Zeit hatte und er sich nicht damit identifizieren konnte. Durch seine eigene Liebe zu Lotte zu Wolzogen wurde ihm die Kluft zwischen Adel und Bürgertum schmerzlich eingeprägt und bewusst. Kabale und Liebe von Friedrich Schiller ist ein Werk der Sturm und Drangzeit...
Epoche des Sturm und Drangs (1765 - 1790)
Merkmale der Epoche Sturm und Drang:
- Als Gegenreaktion zur Aufklärung entstanden
- Herz, Gefühl, Leidenschaft, Genie, Fantasie, Versöhnung von Vernunft und Natur
Siehe auch: Sturm und Drang
Kennzeichen des Sturm und Drang in Kabale und Liebe
Ferdinand als typisches Beispiel:
- Kritik an politischen und gesellschaftlichen Zuständen des Absolutismus (widerspricht dem eigenen Vater)
- individuelle Interessen, subjektives Gefühl an erster Stelle seines Handelns (Liebe zu Luise als Priorität vor Standesrecht und Vaters Meinung)
- Forderung nach Freiheit und Sprengen der Ständegesellschaft
- verliert sich in Scheinwelt (Blind vor Liebe) -> Hybris -> Katastrophe
Ausführliches Referat zum Gesamtwerk
Einleitung
Das bürgerliche Trauerspiel „Kabale und Liebe“, verfasst von Friedrich Schiller (s. Erläuterungen), 1784 in Mannheim uraufgeführt, beschreibt den Ständekonflikt zwischen Adel und Bürgertum an Hand der Liebesbeziehung zwischen dem adligen Ferdinand von Walter und der bürgerlichen Luise Miller und den Kampf der Freiheit gegen politische Unterdrückung.
Inhaltsangabe des Dramas
Ferdinand, Major und Sohn des Präsidenten von Walter, eines hochangestellten Adligen am Hof eines deutschen Fürsten, stürzt mit seiner, auf Gegenseitigkeit beruhenden Liebe, Luise, die Tochter des Musikus Miller, in einen tödlich endenden Konflikt. Sowohl der Vater Ferdinands wie auch der alte Miller lehnen eine Verbindung ihrer Kinder ab.
Der Präsident von Walter lehnt die Heirat seines Sohnes mit einer Bürgerlichen ab und verfolgt statt dessen das Ziel Ferdinand mit Lady Milford, der Mätresse des Herzogs, zu verheiraten um so seinen Einfluss bei Hofe zu vergrößern. Ferdinand rebelliert jedoch gegen den Plan seines Vaters, kündigt ihm sein Gehorsam und versucht Luise zur Flucht zu überreden. Um sein Ziel zu erreichen, initiieren der Präsident und sein Sekretär Wurm, zugleich Ferdinands Nebenbuhler, eine heimtückische Intrige: Luises Eltern werden grundlos verhaftet. Vom Tod, so erklärt man Luise, könne sie ihre Eltern nur durch einen an den Hofmarschall von Kalb gerichteten Liebesbrief retten. Zudem muss Luise einen Eid auf ihr Leben schwören, den erzwungenen Brief als ein von ihr aus freien Entschluss verfasstes Schriftstück auszugeben. Dieser Brief wird Ferdinand zugespielt und weckt gezielt dessen Eifersucht sowie rachsüchtige Verzweifelung. Luise will sich daraufhin durch Freitod vom Eid lösen, um vor Ferdinand sterbend die Unschuld ihrer Liebe wiederherzustellen. Dieses Vorhaben durchkreuzt ihr Vater, indem er massiven moralischen und religiösen Druck auf sie ausübt. Somit hat sie den Anklagen Ferdinands nur das Schweigen und die durch den Eid geforderte Lüge entgegenzusetzen. Blind vor Wut und Verzweiflung vergiftet Ferdinand sich und Luise. Sterbend ist Luise frei von ihrer Schweigepflicht und vergibt Ferdinand.
Aufbau des Dramas
Der Aufbau des Stückes folgt einem strengen System, welches mit den Begriffen „Symmetrie“ und „dialektisches Prinzip“ bezeichnet werden kann. Entsprechung und Gegensatz kennzeichnen Inhalt wie auch Gestalt des Werkes. Dies wird in der Abfolge der Szenen deutlich, die einen regelmäßigen Rhythmus im Wechsel der Welt des Kleinbürgertums mit der Welt des absolutistischen Hofes beinhalten. Auf diese Weise wird die „ kleine Welt“ (Zimmer der Miller) der „ großen Welt“ (Saal des Präsidenten bez. Palais der Lady Millford) dialektisch gegenübergestellt und andererseits eine Symmetrie in der Abfolge der Szenen erzielt. Auch für den Handlungsaufbau des Werks gilt das Prinzip der Symmetrie. Als Beispiel lassen sich die drei Szenen zwischen Ferdinand und Luise am Anfang (1,4), in der Mitte (3,4) und am Ende (5, 4) anführen. Die erste hebt den geheimen Gegensatz der Liebenden hervor, die zweite lässt ihn in dem entscheidenden Wendpunkt akut werden, die dritte besiegelt ihn im Tod.
Abfolge der Szenen: 1. Akt: Zimmer beim Musiker (1,1-1,4) Saal beim Präsidenten (1,5-1,7) 2. Akt: Palais der Lady (2,1-2,3) Zimmer beim Musiker (2,4-2,7) 3.Akt: Saal beim Präsidenten (3,1-3,3) Zimmer beim Musiker (3,4-3,6) 4. Akt: Saal beim Präsidenten (4,1-4,5) Palais der Lady (4,6-4,9) 5. Akt: Zimmer beim Miller Dieser Akt beinhaltet keinen Schauplatzwechsel und stellt somit eine Ausnahme vom bisherigen Aufbauprinzip da.
Charakteristiken
Die Welt des Adels:
Fürst: Der Fürst wird als absolutistischer Herrscher dargestellt, dem das Wohl seiner Untertanen belanglos ist. Er tritt nicht persönlich auf, doch seine Heiratspläne, sein Hofleben und sein Regierungshandeln haben Einfluss auf das Leben aller Dramenfiguren.
Präsident von Walter: (Präsident am Hof des deutschen Fürsten)
Sein Amt verschaffte sich der Präsident durch den Mord an seinem Vorgänger. Sein ganzes Verhalten ist darauf ausgerichtet, seine Stellung bei Hofe zu festigen und sich die Gunst des Herzogs zu sichern. Diesem Machtkalkül unterwirft er Menschen, Wertvorstellungen und Gefühle, alles muss der Nützlichkeitserwägungen unterliegen. Dies gilt auch für die Liebe, die er als törichte Schwärmerei ansieht. Eine Heirat soll allein dynastischen oder politischen Zielen dienen. Diesem Grundsatz zugrundeliegend soll Ferdinand die Mätresse des Herzogs, Lady Milford heiraten, so dass der Herzog eine aus politischen Gründen geratene Heirat eingehen könnte. Als Ferdinand sich weigert, versucht von Walter, sein Ziel mit Zwang zu erreichen. Bewusst beschimpft er Luise als Hure, um Ferdinand in seiner Ehre zu treffen und will sie und ihren Vater festsetzen lassen. Ferdinand vereitelt dies mit der Drohung, die Machenschaften seines Vaters publik zu machen. Nach dieser Niederlage ist der Präsident bereit, seinem Handlanger Wurm freie Hand für seine Intrige zu lassen und gewinnt den Hofmarschall von Kalb, der für die Durchführung benötigt wird, für sich. Auf das Sterben seines Sohns reagiert er zunächst nach gewohntem Handlungsmuster, denn er möcht Wurm zum Sündenbock machen. Erst als Ferdinand ihm im Tode vergibt, erkennt er seine Fehler. Er erkennt, dass Menschen sich nicht wie Schachfiguren bewegen lassen, sondern Empfindungen und Wertvorstellungen nachfolgen, die nicht alleine Nützlichkeitserwägungen oder Machtbestrebungen untergeordnet sind. In Reue stellt er sich der Justiz und beendet somit seine Karriere.
Ferdinand von Walter: ( Sohn des Präsidenten)
Ferdinand hat mit dem Besuch der Akademie die modernen Gedanken der Aufklärung angenommen. Daraus erklärt sich seine Distanz zur höflichen Welt des Vaters und der dort für ihn vorbereiteten Karriere. Er verachtet die intriganten Praktiken der höfischen Welt, denn für ihn sind nicht der Stand, sondern die persönlichen Qualitäten eines Menschen wichtig. So klagt er die Ungerechtigkeiten, die Inhumanität sowie die Amoralität der absolutistischen Ordnung an. Er versucht diese Ordnung zu sprengen und beruft sich dabei auf „Natur“ und „Gott“. Andererseits ist er den adligen Denkmustern verhaftet, indem er den Hofmarschall zum Duell herausfordert. Ferdinand wendet sich gegen gesellschaftliche Vorurteile, gegen den Standesdünkel und gegen die Standesschranke. So will er Luise heiraten, wohl wissend, dass er sich damit gesellschaftlich unmöglich machen würde. Somit setzt er das private Glück über Geburt und Stand. Mit diesen hohen Idealen muss er jedoch scheitern, denn dafür ist weder in der höfischen noch in der kleinbürgerlichen Welt Platz. Ferdinand wird durch emotionalen Idealismus und persönlicher Empfindsamkeit geleitet, die unter anderem verhindern, dass er den Versprecher des Hoffmarschalls bemerkt, der die Intrige offen legte. Auch überhört er die Anmerkungen Luises über ihre Zwangslage. Als er bei Luise Untreue vermutet, sieht er die einzige Lösung darin, mit ihr in den Tod zu gehen. Erst nach Luises Tod ist Ferdinand das erste Mal fähig, etwas von Luises Gedankenwelt anzunehmen, nämlich die Aufforderung zur Vergebung.
Hofmarschall von Kalb: Der Hofmarschall verdankt seine Stelle am Hof dem Mordanschlag, mit dem der Präsident von Walter den Weg ins Präsidentenamt freigeräumt hat. Er personifiziert den auf äußeren Schein gerichteten Lebensstil des Hofes. Sein Klatschbedürfnis wird vom Präsidenten ausgenutzt, indem er ihn die Ankündigung der geplanten Hochzeit zwischen Ferdinand und Lady Milford verbreiten lässt. Damit wird von Kalb zu einem nichts ahnenden Werkzeug des von Walters. Später jedoch muss er eine aktive Rolle übernehmen, um als früherer Mitverschwörer des Präsidenten nicht alles zu verlieren. Ihm ist bewusst, dass er als Mensch ohne besondere Qualitäten keine andere Alternative hat. Seine persönliche Feigheit führt zur beinahen Entdeckung der Intrige durch Ferdinand.
Lady Milford: (Mätresse des Fürsten)
Lady Milford verkörpert sowohl die höfische als auch die bürgerliche Wertewelt. Die höfische Gesellschaft verachtet sie jedoch und bezeichnet sie als „schlechten erbärmlichen Menschen“ ohne Eigenprofil.
Lady Milford stammt ursprünglich aus England, wo ihr Vater, der oberste Kämmerer des englischen Königs, auf Grund eines Verdachtes hingerichtet wurde. Aus diesem Grund flüchtete Lady Milford in das deutsche Exil, in dem ihr jedoch die völlige Verarmung droht. Aus dieser Situation heraus erwiderte sie die ihr entgegengebrachte Liebe des Fürsten und wird seine Mätresse. Diese Stellung hat ihr ein standesgemäßes Leben ermöglicht sowie ihren Ehrgeiz befriedigt. Auch eröffnet ihr diese Position die Möglichkeit, die Missstände im Fürstentum zu mildern und Einfluss auf den Fürsten zu nehmen. So wurde auch der Heiratsplan mit Ferdinand nicht vom Präsidenten, sondern von ihr eingefädelt. Lady Milford trägt eine Sehnsucht nach echter Liebe in sich, denn die hat sie nicht beim Fürsten erhalten. Mit Ferdinand will sie das Land verlassen und einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Mit ihm will sie eine Herzensbeziehung eingehen, denn für sie ist es die größte Wonne einer Frau, die Sklavin des geliebten Mannes zu sein. Lady Milford ist eine sich beherrschende, gefühlsvolle Frau, die sich durch Ferdinand gekränkt fühlt. Denn dieser bezeichnet sie als eine skrupellose Mätresse, der es vor allem auf Luxus und Wohlstand ankommt und der das Wohl des einfachen Volkes gleichgültig ist. Diese Einstellung ändert sich jedoch, als Lady Milford ihm ihre Lebensgeschichte schildert. Als jedoch Ferdinand ihre Liebe zurückweist, versucht sie ihn mit allen Mitteln zur Ehe zu zwingen, wohl wissend, dass sie Ferdinands Herz nicht gewinnen kann. Lady Milford fürchtet eine mögliche Demütigung und ist so nicht bereit auf die öffentlich bekannt gemachte Verbindung zu widerrufen. Diese Haltung zeigt sie noch in dem Gespräch mit Luise, indem sie Luise durch Drohungen und Versprechen zum Verzicht zu bewegen versucht. In dem Gespräch tritt Lady Milford überlegen auf und demütigt Luise. Der Wendepunkt in dem Verhalten Lady Milfords wird durch Luises Frage, ob sie (Lady Milford) glücklich sei, bewirkt. Die zur Schau getragene adlige Überheblichkeit Lady Milfords zerbricht daraufhin. Sie lässt Luise wissen, dass sie Ferdinand für sich haben will und auch nicht auf weitere Drohungen. Luise erklärt nun ihren Verzieht auf Ferdinand, macht der Lady aber zugleich schwerste Vorwürfe: „Sie haben den Himmel zweier Liebenden geschleift, voneinander gezerrt zweier Herzen, die Gott aneinander band.“ Lady Milford ist daraufhin zutiefst von der “höheren Tugend“ Luises getroffen, beendet das Verhältnis mit dem Herzog und geht außer Lande.
Insgesamt entsteht das Bild einer Frau, die das Gute gewollt hat, aber in das verschwenderische und intrigante Treiben des Hofes eingebunden ist. Das Streben nach Ehre und Macht wirft einen Schatten auf ihre Menschlichkeit, die sich in ihrem Verhalten gegen über dem Volk und ihren Dienern zeigt. Am Schluss trifft sie eine klare Entscheidung, geht außer Lande und löst sich so aus den Verstrickungen.
Wurm: (Haussekretär des Präsidenten)
Wurms Aussehen mit „kleinen tückischen Mauseaugen- die Haare brandrot- das Kinn herausquollent“ beschrieben, lässt ihn unsympathisch erscheinen. Als Bürger, im Dienste des Adels, betätigt er sich, als Handlanger im Amt des Sekretärs des Präsidenten. Auf diesem Posten ist er sich den Machenschaften des Präsidenten bewusst, jedoch in dessen Hand, da auch dieser von seinen „falschen Handschriften“ unterrichtet ist. Wurm ist derjenige, der die Intrige in Gang setzt, indem er dem Präsidenten von der Liebesbeziehung gezielt unterrichtet. Dies geschieht aus persönlichem Grund, da er Luise heiraten und somit Ferdinand als Konkurrent beseitigen will. Wurm ist der eigentliche Architekt der Kabale, da er nicht nur Anweisungen befolgt, sondern selber kriminelle Energie entwickelt und die Initiative ergreift. Er entwickelt den Plan gegen Luise und Ferdinand, um Luise für einen ehrbaren bürgerlichen Ehemann unakzeptabel zu machen, um dann mit seinem Heiratsangebot zum Zuge zu kommen. Für diesen Plan macht er sich die bürgerliche Anständigkeit und Frömmigkeit Luises zu nutze und verdeutlicht jedoch, dass für ihn diese Grundsätze nicht relevant sind. Für die mißglückte Intrige, will sich Wurm nicht zum Sündenbock machen lassen und entschließt sich, alle Verbrechen offen zu legen.
Die Welt des Bürgertums:
Miller: (Stadtmusikant) Miller ist ein ehrbarer, aufrechter Musiker mit einem festen Platz in der zünftischen Ordnung der Stadt. Er steht für ein Christentum, bei dem es vor allem darauf ankommt, stehende Gebote einzuhalten. Miller ist fest im ständischen Denken verankert, somit weist er eine Ehe seiner Tochter mit dem adligen Ferdinand zurück. Jedoch lässt er Luise bei der Gattenwahl innerhalb der ständischen Ordnung frei Wahl, denn er hält die Gepflogenheit, wonach der Vater den Ehemann auswählt, für überkommen. Wurm lehnt er jedoch als Schwiegersohn ab. Gegenüber seiner Frau verhält er sich als befehlender Patriarch, während ihn mit seiner Tochter eine zärtliche Liebe verbindet. Er bringt Luise mit starken psychischem und religiösem Druck vom geplanten Selbstmord ab, übersieht aber, dass sie an der Situation zerbricht. Sein bürgerliches Selbstvertrauen kommt deutlich im Streitgespräch mit dem Präsidenten zum Vorschein. Miller stellt sich trotz Angst gegen den Präsidenten und zeigt ein mutiges Verhalten durch das Beharren auf seine Hausgewalt. Des weitern spricht er deutlich seine Meinung aus, dass die verdorbene Welt des Adels moralisch unter der bürgerlichen Welt steht. Das von Ferdinand überreichte Geldgeschenk offenbart, dass auch in Miller Aufstiegsträume vorhanden sind. Jedoch nimmt sein Verhalten bei der Übergabe groteske Züge an. Miller ist eine Gestalt, die zwei unterschiedliche Seiten beinhaltet. Einerseite selbstbewusst, unerschrocken und aufrecht, andererseits engen Grenzen verhaftet und nicht frei von Herrschaftshaltung.
Frau Miller: (Frau des Stadtmusikanten)
Frau Miller hegt in Bezug auf Luises Beziehung zu Ferdinand kleinbürgerliche Aufstiegshoffnungen und begünstigt heimlich diese Liebesbeziehung. Des Weiteren fühlt sie sich durch das Verkehren eines feinen Herrn in ihrem Hause geschmeichelt. Aus diesem Grund weist sie Wurm, im Gespräch, als Schwiegersohn zurück, spielt ihm jedoch durch ihre Schwatzhaftigkeit und Einfalt Informationen über die Beziehung von Ferdinand und Luise zu, die dieser für seine Intrige zu nutzen weiß. Gegenüber ihrem Mann kann sich Frau Miller nur schwer behaupten. Auch gegenüber dem Präsidenten nimmt sie eine ängstliche und unterwürfige Haltung ein und verkörpert somit den Untertanen als Knecht.
Luise: (Tochter von Miller)
Millers sechzehnjährige Tochter wird als das „schönste Exemplar einer Blondine“ vorgestellt, „die neben der ersten Schönheit des Hofes noch Figur machen würde“. Sie ist fest in ihrer Familie verankert, vor allem zu ihrem Vater hat sie eine sehr enge Beziehung. Luise wuchs behütet und zur Ehrbarkeit erzogen auf, so dass sie das unmoralische Leben am Hofe ablehnt. Des Weiteren ist ihr Denken sehr vom christlichen Glauben geprägt. In ihrem Leben ändert sich alles, als sie Ferdinand begegnet und ihm in Liebe zugetan ist. Luise befindet sich somit im inneren Konflikt, denn sie steht zwischen ihrer Liebe zu Ferdinand, der Erwartungshaltung ihres Vaters sowie ihrer religiösen Überzeugung. Luise respektiert die Standesschranken der Gesellschaft und glaubt, dass sie von Gott gewollt sind. Sie ist nicht breit, mit Ferdinand das Glück in der Ferne zu suchen aus Furcht vor seinem Vater. Um ihren Vater vor einen „Kriminalprozeß“ zu retten, lässt sie sich von Wurm einen Brief an einen angeblichen Liebhaber diktieren. Nur durch den massiven moralischen und religiösen Druck, denn ihr Vater auf sie aus übt, gibt sie ihren Selbstmordgedanken auf.
Nebenpersonen:
Sophie: Kammerjungfer der Lady Milford
Kammerdiener: Kammerdiener des Fürsten
Die Sprache als charakteristisches Mittel
Charakteristisch für Kabale und Liebe ist der von Schiller angewandte Sprachstil, der die Figuren des Stückes ihren sozialen Ordnungen zuweist.
Schiller verwendet einen hohen Stil, Pathos und Hyperbeln um die zynische, kalte Welt des Hofes zu beschreiben. Die eingearbeiteten französischen Passagen dienen Schiller dazu, die Hofwelt mit ihren leeren Konversationen und ihrem Hang zu glanzvollen Äußerlichkeiten zu entlarven. Die Sprache des Präsidenten ist geschliffen, berechnend und befehlend arrogant. „Ich halte dich an deiner eigenen Schurkerei, wie den Schröter am Faden.“ Der Sekretär Wurm lässt sich als ein kleineres Ebenbild des Präsidenten ausmachen. Des Hofmarschall Kalbs Ausdrucksweise kann als Parallele zur Sprache der Frau Miller gesehen werden. Kalb spricht dümmlich, unnatürlich und vergreift sich bei manchen Wörtern. “Ich in voller Karriere nach Hause- wechsle die Kleider- fahre zurück- Was sagen Sie? …“.
Der unnatürliche Sprache des Hofes stellt Schiller die direkte, oft derbe Sprache des Ehepaares Miller gegenüber. Miller wird durch die derbe Sprache des einfachen Mannes charakterisiert: „“Ich habe mich satt gefressen…“, „Schier dich zum Satan.“ Seine Ansichten unterstreicht er mit allgemeinen Redewendungen wie: „Auf den Sack schlägt man; den Esel meint man.“ Auch Frau Miller ist durch ihre Sprache dem Bürgertum zu zuordnen. Durch den falsche Umgang mit Fremdwörtern, den Gebrauch verschiedenen Wendungen und Dialektausdrücke wie „Bläsier“ statt Pläsier offenbart sie ihre schwäbische sowie bürgerliche Herkunft.
Eine Sonderstellung nimmt die Sprache der Liebenden, Lady Milford, Luise und Ferdinand ein. Deren Sprache weist in Bezug zur sozialen Ebene so gut wie keine ständischen Momente auf.
Historische Bezüge des Dramas
In dem Stück Kabale und Liebe nimmt Schiller Bezug auf die gesellschaftliche und politische Situation im Herzogtum Württemberg unter Karl Eugen, die er selber miterlebte. Die absoluten Praktiken, auf die Schiller in dem Stück Bezug nimmt und kritisiert, umfassen fünf Bereiche:
- Die Verschwendungssucht am herzöglichen Hof: Obwohl zur Zeit Schillers Württemberg einrelativ armes Land war, führte Karl Eugen sein Hofleben nach dem Vorbild des Versailler Hofes. Dementsprechend aufwendig waren die häufigen Feste, Bälle und Jagden, die unter anderem durch Auspressung der Bevölkerung und durch Soldaten verkauf finanziert wurden. Auf diese Hofhaltung geht Schiller im 2. Akt, 2. Szene ein, indem er die unmenschlichen Praktiken (Soldatenverkauf) aufzeigt, mit denen der Geldbedarf für die absolutistische Hofhaltung gedeckt wurde.
- Soldatenhandel: Der Verkauf von „ Landeskindern“ ins Ausland fand auch in der württembergischen Politik statt und diente der Geldbeschaffung. Dieser Soldatenhandel beinhaltete die „Verschleppung“ von Bauern-, Handwerker- und Arbeitersöhne von ausländischen Webern mit zum Teil übelsten Methoden (Anwendung von Drohungen, Gewalt und Narkotika) zu ausländische Herrschern. Der „Landesvater“ erhielt dafür hohe Summen an Kopfgeldern. Im 2. Akt, 2. Szene geißelt Schiller den Soldatenhandel der deutschen Duodezfürsten mit beißender Kritik und realistischer Anklage. Des Weiteren verdeutlicht Schiller das schreckliche Schicksal und die ganze Verzweifelung der Betroffenen.
- Das Mätressenwesen: Karl Eugen führte ein, für seine Zeit übliches, ausgeprägtes Mätressewesen, welches Schiller in Kabale und Liebe (2,1/3 und 4,7-9) verarbeitet. Franziska von Leutrum war eine der vielen Mätressen von Karl Eugen, später die offizielle Gefährtin des Herzogs und 1780 dessen Ehefrau. Franziska von Leutrum ist das zeitgenössische Vorbild der Dramenfigur Lady Milford, in Kabale und Liebe. Dies gilt insbesondere für den positiven Einfluss, den Franziska von Leutrum auf den Herzog hatte und der sich in der Figur der Lady Milford wiederfinden lässt.
- Intrigen: Für die Verbrechen, durch die Schiller in seinem Stück den Präsidenten ins Amt gelangen lässt (1.5/7 und 2,7 und Letzte Szene), finden sich auch Vorbilder im Herzogtum Württemberg. Der zur Zeit Schillers am württembergischen Hof amtierende Minister Graf Samuel Monmartin hatte mittels gefälschter Briefe seinen Rivalen zu Fall brachte und sich das alleinige Vertrauen des Fürsten verschafft.
- Willkürherrschaft: In der Kritik am willkürlichen Vorgehen der Herrschenden gegenüber den Untertanen, an Verhaftungen und Einkerkerungen ohne jedes gerichtliche Urteil, dachte Schiller in erster Linie an die Verhaftung von Christian Friedrich Daniel Schubart. Dieser Journalisten und Dichter äußerte sich kritisch zu absolutistische Machenschaften. Dieses willkürliche Vorgehen des Herrschenden lässt sich in Kabale und Liebe im Auftreten des Präsidenten von Walter wieder finden (2,6/7 und 3,3).
Beeinflusst wurde das Werk Kabale und Liebe außerdem maßgeblich von den Trauerspielen Lessings „Miss Sara Samposon“ und „Emilia Galotti“.
Ein bürgerliches Trauerspiel des „Sturm und Drang“
Schillers „Kabale und Liebe“ ist als bürgerliches Trauerspiel zu verstehen, da es die charakteristischen Aspekte dieser Gattung erfüllt (s. Erläuterungen). Einerseits behandelt es die ständeunabhängige Frage der Moral und der Unmoral, andererseits befasst es sich mit der konkreten Anklage bestehender sozialer und politischer Mißstände. Des Weitern rückten, in Form der Familie Miller, die bürgerlichen Personen und ihre Weltauffassung ins Zentrum der Handlung.
Kabale und Liebe, als Frühwerk Schillers wird dem „Sturm und Drang“ zugeordnet, da die allgemeinen Bestimmungen der Wesensmerkmale des „Sturm und Drange“ erfüllt werden (s. Definitionen). Darunter ist die radikale Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Zuständen des Absolutismus, die Betonung des Rechts auf eine individuelle Lebensgestaltung entgegen den überkommenen Normen der gesellschaftlichen Konventionen, sowie der Versuch, die Fesseln der Ständischen zu sprengen und die Forderung nach Freiheit des Gefühle und der Leidenschaften zu verstehen.
Die Zentralbegriffe der Epoche, wie Gefühl, Liebe, Herz und Empfindung lassen sich in den Vielzahl von Gefühlsäußerungen der Dramenfiguren wiederfinden. Die Leidenschaft und Empfindungen, die die ganze Handlung bestimmen, kommen insbesondere in den Regieanweisungen zum Ausdruck. (2. Akt, 3. Szene: „worin (Lady Milford) ihn schmelzend ansieht“ oder Luise voller Bestürzung ab geht (4. Akt, 9 Szene).
Ferdinand von Walter lässt sich als typische „Sturm und Drang“ -Figur ansehen, da er für das Recht auf individuelle Lebensgestaltung eintritt. Des Weiteren ist er nicht bereit sich den übernommenen Konventionen zu beugen und sich in die Ständegesellschaft einzuordnen. In dieser Figur vereinigt Schiller die wesentliche Elemente der Epoche. Das Schlüsselwort für Ferdinand ist „Herz“, sein subjektives Gefühl, das von ihm absolut gesetzt wird über alle realen Gegebenheiten hinweg und als Leitwort des Stückes gesehen werden kann.
Satzbau und Stil: Das Drama Kabale und Liebe ist nicht in Form eines Reimes, sondern in Prosa geschrieben. Die im Drama herrschende Bewegung, die zeigt was die Dramenfiguren innerlich umtreibt, wird durch die Regieanweisungen verdeutlicht. Diese Regieanweisungen sind im großen Maß vertreten. Der Satzbau entspricht überstürztem und unüberlegtem Handeln. So etwa „rennt (Ferdinand) in heftigster Unruhe durch den Saal“ (2. Akt, 3. Szene) oder „stürzt“ „bald erstarrend, bald wütend herum“(4. Akt, 2. Szene). Der Satzbau ist außerdem von Ellipsen wie „Das deiner Luise, Ferdinand?“ geprägt, so wie von Gedankenstrichen, Einwürfen und Ausrufezeichen durchzogen.
Schillers Theatertheorie zur Entstehungszeit
Zur Entstehungszeit von Kabale und Liebe veröffentlichte Schiller 1784 sein theoretisches Werk „ Die Schaubühne als moralische Anstallt“. Diese dort verfassten Ideen liegen dem Drama Kabale und Liebe zugrunde, jedoch gilt dieses Stück nicht als Demonstrationsobjekt. Der Hauptgedanke dieses Werkes ist die Tragödie als Theodizee (s. Erläuterungen) Die Aufgabe des Theaters war somit, nach Schiller, die Ordnung der Welt als eine von Gott geschaffene Welt zu zeigen, indem die höhere Gerechtigkeit auf der Bühne wieder hergestellt wird. Einen weiteren Aufgabenbereich sah Schiller in dem Erziehungsauftrag des Theaters, den Menschen durch Bildung zur Veredelung zu bringen. Außerdem sollte das Theater die Funktion einer „moralische Anstalt“ einnehmen und somit eine „Katharsis“ (s. Erläuterungen) bewirken. Die bedeutendste Funktion des Theaters sah Schiller jedoch in der Mittelrolle zwischen Freiheit und Notwendigkeit, die das Theater einnimmt. So wird der Kampf des Individuums mit dern gesellschaftlichen, sittlichen und religiösen Zwängen auf der Bühne vom Menschen idealisiert gewonnen.
Interpretationsansätze
Kabale und Liebe wird als ein vielschichtiges und nicht eindimensionales Drama bezeichnet, das viele unterschiedliche Interpretationsansätze birgt. Drei hauptsächlich Deutungsmöglichkeiten des Dramas lassen sich in der Interpretation als Tragödie, in der religiösen Deutung des Dramas und in der Interpretation als gesellschaftskritisches Drama sehen.
Kabale und Liebe als Tragödie:
Das bürgerliche Trauerspiel, dem Kabale und Liebe zu zuordnen ist, befasst sich mit der Wertewelt und Alltagswirklichkeit der bürgerlichen Kleinfamilie. Mit dem bürgerlichen Trauerspiel wurde erstmals die bürgerliche Welt in den Rang des Tragischen erhoben. Zuvor galten nur dem Adel angehörende als „tragödienfähige“ Personen. Dies änderte sich mit der Einführung des bürgerlichen Trauerspiels, in dem eine bürgerliche Person zum tragischen Helden wird.
Kabale und Liebe lässt sich deshalb als eine Tragödie sehen, da sich die Musikantentochter Luise zu einer tragischen Figur wandelt. Luises Charakter ist bestimmt von ihrem christlichen Glauben und ihren hohen ethischen Werten. Ihren Eltern gegenüber ist sie in Liebe zugetan und hinterfragt die patriachische Rolle ihres Vaters nicht. Diese Haltung bringt sie in den Konflikt, den Geboten von Stand und Religion zu gehorchen, den Wünschen des Vaters zu entsprechen, sowie mit Ferdinand in einer Liebesbeziehung zu leben. Diesem Konflikt kann Luise nicht entrinnen, lediglich durch einen Selbstmord, den sie auch durchzuführen gedenkt, um im Jenseits mit Ferdinand in Liebe zu leben. Diese Tatsache macht Luise zur tragischen Figur in Kabale und Liebe.
Zudem entsteht ein tragisches Mißverständnis zwischen Luise und Ferdinand in Bezug auf ihre Beziehung. Luise möchte die Liebesbeziehung wegen des Standesunterschieds beenden, jedoch erweckt dieser Wunsch Ferdinands Mißtrauen, da er hinter diesem Wunsch die Existenz eines anderen Liebhabers vermutet. Er verliert sich in Utopien und Schwärmereien, während Luise sich zu ihrer festen Wertewelt bekennt. Sowohl Luise wie Ferdinand gehen in ihren Gesprächen nicht mehr aufeinander ein, wodurch Ferdinand die späteren Zeichen seitens Luise in Bezug auf den Eid nicht wahrnimmt. Diese fehlende Kommunikation und der Eid, den Luise zu erfüllen sich verpflichtet fühlt, tragen dazu bei, dass das tragische Mißverständnis bis kurz vor dem Tod von Luise und Ferdinand bestehen bleibt.
Ein weiterer Aspekt, warum Kabale und Liebe eine Tragödie ist, lässt sich in dem Tod der beiden Liebenden sehen. Nachdem Ferdinand, am Ende des Dramas, Luise nach vielen Vorwürfen ihren Tod ankündigt, fühlt Luise sich nicht mehr an den Eid gebunden und enthüllt ihm die Wahrheit. Dieser Moment kann als tragischer Höhepunkt interpretiert werden, denn beide kennen nun die Wahrheit, aber der Gifttod kann nicht mehr aufgehalten werden.
Kabale und Liebe lässt sich somit unter der Betrachtung folgender Aspekte als Tragödie interpretieren: Luise als tragische Figur, tragisches Missverständnis der Liebenden und Tod der Liebenden als tragischer Höhepunkt.
Kabale und Liebe in seiner religiösen Deutung:
Ein weiterer Aspekt unter dem sich Kabale und Liebe interpretieren lässt ist der, der religiösen Deutung und derer Wichtigkeit. Es scheint, dass Schiller das Thema der Religiosität bewusst in Kabale und Liebe in den Vordergrund gestellt hat, denn in dem Drama lassen sich die Figuren durch ihre unterschiedliche Religiösität charakterisiert und ihr Handeln ist jener unterworfen. Dies lässt sich anhand der Liebenden Luise und Ferdinand verdeutlichen
Luise ist eine, in ihrem Denken stark von ihrem christlichen Glauben geprägte, kirchenfromme Person. Sie glaubt unter anderem, dass ihrer Liebe eine Sünde gegen die gottgewollte ständische Ordnung sei. Sie kann sich nicht von dem ständischen Denken lösen und bezeichnet ihre Liebe zu Ferdinand als „Kirchenraub“. Dieses religiöses Verständnis ist der Grund, dass Luise der Liebesbeziehung zu Ferdinand im Diesseits entsagen will und stattdessen auf eine erfüllte Liebesbeziehung im Jenseits hofft. Ferdinands Denken und Reden von Gott hingegen haben sich von der christlichen Dogmatik gelöst. Bei ihm ersetzt der Glaube an die Liebe zu Luise die christliche Erlösungstheologie. Seine Eifersucht und Enttäuschung über Luise lassen seine Liebe in Hass umschlagen. In dieser Glaubensentwicklung zeigt sich Ferdinands starker individueller Rechtsanspruch, den er hegt. Auch der von ihm herbeigeführte Tod Luises ist ein Zeichen dieser Entwicklung, denn er betrachtet den Tod als die „Rache des Himmels“.
Durch Luise und Ferdinand werden zwei sich gegenüberstehende Überzeugungen religiösen Glaubens aufgezeigt, die die entsprechenden Personen von einander trennen. Erst am Ende des Dramas nähern sich die Personen einander an, indem Ferdinand seine Haltung ändert und Luises neutestamentliches Gottesbild der Vergebung übernimmt.
Durch die Gegenüberstellung des Glaubens und dem damit verbundenen Handeln hebt Schiller die Unterschiede zwischen der adligen Welt und der der bürgerlichen Welt nochmals hervor. Des Weiteren lässt sich hinter Luises Liebes- und Gottesverständnis die einheitliche Lebenswelt des deutschen Kleinbürgertums erkennen, in der Luise von der sich entwickelnden Kleinfamilie, dem Gehorsam gegenüber ihrem Vater und dem Befolgen der religiösen Gebote eingeengt und in ihren Emanzipationsbemühungen gehindert wird.
Kabale und Liebe als ein gesellschaftskritisches Drama:
Die Interpretation von Kabale und Liebe, als ein gesellschaftskritisches Drama, ist im Hinblick auf die schon erwähnten „Historischen Bezüge“ sehr nahe liegend. Unter diesen Aspekten lässt sich das Drama als eine (gezielte) zeitgenössische Kritik am Feudalstaat sehen. (s. „Historische Bezüge“)
Erläuterungen
- Friedrich Schiller:
Friedrich Schiller war Schriftsteller und lebte von 1759 bis 1805. Neben Johann Wolfgang von Goethe, mit dem er den Stil der Weimarer Klassik begründete, ist er eine der zentralen Gestalten der deutschen Literaturgeschichte. Neue Maßstäbe setzte er vor allem für die weitere Entwicklung des deutschsprachigen Dramas.
- Bürgerliches Trauerspiel:
Bürgerliches Trauerspiel, zur Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene dramatische Gattung, die mit der klassizistischen Auffassung von Tragödie bricht und Probleme des häuslich-privaten Bereichs bzw. den Konflikt der Stände zum Gegenstand der Handlung macht. Es rückt bürgerliche Personen und ihre Weltauffassung ins Zentrum der Handlung und stellte den Standeskonflikt zwischen Adel bzw. Hof einerseits und dem Bürgertum andererseits in kritischer Absicht gegenüber. Damit wird mit der bis dahin gültigen Ständeklausel gebrochen, die ausschließlich den Adel als Person der Tragödie vorsah. Als Akteure des bürgerlichen Trauerspieles fungieren sowohl Bürger als auch Adelige. Ausgeschlossen bleiben die „Großen” (Fürsten, Könige) und der „Pöbel”. Innerhalb dieses gesellschaftlichen „Mittelstandes” waren Gesinnung und Bildung die entscheidenden Kriterien. Anders als in der klassizistischen Tragödie hatte die Handlung im bürgerlichen Trauerspiel keinen öffentlich-politischen Charakter. Nicht der Hof, sondern die Familie war jener Schauplatz, an dem die Figuren sich mit Problemen des häuslichen Lebens, der mitmenschlichen Beziehung und der Moral auseinander setzen. Der Einfluss der Empfindsamkeit schlägt sich auch in der Definition des Wirkungsziels nieder: Das bürgerliche Trauerspiel wollte durch „Rührung” auf Gemüt und „Herz” zur moralischen Besserung beitragen. Absicht war mithin, die Fähigkeit zum „Mitleiden” zu aktivieren.
- Sturm und Drang:
Sturm und Drang, auch Geniezeit bzw. Genieperiode genant, ist eine philosophisch-literarische Bewegung in Deutschland von etwa 1765 bis 1790. Die Bezeichnung geht auf ein gleichnamiges Drama Friedrich Maximilian Klingers von 1776 zurück. Die Epoche des Sturm und Drangs lässt sich in gewisser Weise als Gegenbewegung zur Aufklärung interpretieren. Im Sturm und Drang werden die natürlichen und auch irrationalen Kräfte des Menschen betont. Als Idealbild steht der Natur- und Kraftmensch, dessen Herz für die Armen und Geschundenen schlägt und sich gegen Ausbeuter stellt. In dieser Epoche des Sturms und Drangs wird das Problem der Standesschranke verstärkt kritisiert. Als Zentralbegriffe der Epoche sind neben der Vernunft die emotionalen Begriffe Freiheit, Gefühl, Liebe, Herz und Empfindung zu verstehen.
- Theoidzee:
(griechisch theos: Gott und dike: Gerechtigkeit) In der Philosophie und Theologie Bezeichnung für die begründete Rechtfertigung Gottes hinsichtlich des Übels und des Bösen in der Welt.
- Katharsis
(griechisch: Reinigung, Befreiung) Die Katharsis ist in der Poetik des Aristoteles ein zentraler Begriff seiner Dramentheorie. Sie ist als die Bezeichnung für eine innere Leuterung des Zuschauers als Wirkung der Tragödie zu verstehen. Nach Aristoteles soll die Katharsis durch die Erregung von „Furcht” und „Mitleid” (so die Übersetzung Lessings) eine von Erleichterung begleitete innere „Reinigung” des Betrachters über die durch die Handlung erzeugten seelischen Regungen bewirken. Bertolt Brecht stellte der Befreiung von schädlich angesehenen Leidenschaften, die späteren Interpreten zufolge in tugendhafte Fertigkeiten verwandelt werden können, in der Moderne seine Theorie des epischen Theaters gegenüber, das statt emotionaler Reinigung mittels Identifikation an die kritisch-rationale Verstandesleistung des Betrachters appellierte.
- Tragödie
(griechisch, zu trágos: Bock und odé: Gesang), älteste und neben der Komödie wichtigste europäische Dramengattung, bei der das tragische Moment, zumeist die (unlösbare) Verstrickung des Menschen in sein Schicksal, den Verlauf der Handlung bestimmt. (Schuld und Sühne, Freiheit und Zwang, Ich und Welt etc.) im Verlauf ihrer Entwicklung bestehen. Der Begriff wird ausschließlich auf Theaterstücke bis zum 19. Jahrhundert – also auf das Drama in seiner klassischen Form bis hin zum bürgerlichen Trauerspiel bzw. teils bis zum naturalistischen Tendenzstück – angewandt. Seit der Moderne, die die klare Gattungsbestimmungen sprengte, haben sich immer stärker Mischformen zwischen Tragödie und Komödie (Groteske, Tragikomödie, absurdes Theater etc.) etabliert.
Quellenangabe:
- Struck, Hans-Erich: Friedrich Schiller- Kabale und Liebe, 2. überarbeitete Auflage 1998, Oldenbourg Interpretationen, Oldenbourg Schulbuchverlag GmbH, München
- Mentor Lektüre – Durchblick: Friedrich Schiller – Kabale und Liebe, Auflage vom 11.2004, Mentor Verlag GmbH, München
- Ludwig, Martin H.: Friedrich Schiller – Kabale und Liebe, 9. Auflage 1998, Königs Erläuterungen und Materialien, C. Bange Verlag, 96142 Hollefeld
- Microsoft Corporation: Encarta Enzyklopädie Standard 2003, Microsoft Encarta Program Manager, One Microsoft Way, Redmond, USA
- Hrgb: Jens,Walter: Kindlers Neues Literatur Lexikon, Studienausgabe Band 14 Re-Sc, Kindler Verlag GmbH, München
Weblinks
- 'Kabale und Liebe' im Volltext mit Informationen (Kostenpflichtig!)
- 'Kabale und Liebe' im Volltext bei Projekt Gutenberg
- 'Kabale und Liebe' im Spielplan deutschsprachiger Bühnen
- Text frei zugänglich bei [Wissen-im-Netz.info]
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