Maria Stuart (Schiller)

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Maria Stuart von Friedrich Schiller ist ein "Trauerspiel" in 5 Akten. Es wurde am 14. Juni 1800 im Weimarer Hoftheater uraufgeführt. Erste Stoffrecherchen und Pläne Schillers sind bereits 1783 nachweisbar, wurden aber aufgegeben. Erst 1799 griff Schiller den Stoff wieder auf.


Inhaltsverzeichnis

Inhalt

1/Marias Gefängnis

1/1 Paulet ist dabei, Schriften und Schmuck aus Marias Gefängnis zu konfiszieren, angeblich um sie davon abzuhalten, damit gegen Elisabeth zu konspirieren. Zwischen Marias Bewacher Paulet und ihrer Amme Kennedy werden die unterschiedlichen Ansichten über Marias englische Gefangenschaft deutlich: Für Kennedy wurde die geflohene schottische Königin, die bei ihrer englischen Verwandten Schutz suchte, gemein gefangengesetzt. Paulet betont Marias Versuche mit Frankreich Kontakt aufzunehmen, um den englischen Thron zu usurpieren und den Katholizismus wieder einzuführen; dazu habe sie Meuchelmörder gegen die Königin gedungen.

1/2 Maria erscheint und bittet Paulet, Elisabeth ein Schreiben zu geben, in dem sie um eine persönliche Audienz bittet, da sie sich nur der an "Geschlecht und Rang" Ebenbürtigen öffnen könne. Außerdem möchte sie kirchlichen Beistand und ihr Testament aufsetzen, denn nachdem sie vor einem Monat verhört worden sei, erwarte sie nun eine schnelle Verurteilung oder gar Ermordung.

1/3 Mortimer, Paulets Neffe erscheint und lässt die reizvolle Maria auffällig unbeachtet. Paulet bemerkt zu Maria: "An dem ist eure Kunst verloren".

1/4 Im Gespräch mit Kennedy offenbart Maria, dass heute der Jahrestag der Ermordung ihres Mannes sei, an der sie mitgewirkt habe. Kennedy bringt zur Entschuldigung vor, dass ihr Ehemann Darnley nur durch Maria König geworden sei, sich dann aber ziemlich daneben benommen habe. Sie habe die Tat nur im Wahnsinn, verführt von Bothwell getan, den sie dann vor dem Parlament freisprechen habe lassen und geheiratet habe. England klage sie aber nicht deshalb, sondern nur aus machtpolitischen Gründen an.

1/5 Mortimer erscheint und schickt Kennedy weg.

1/6 Mortimer bekennt Maria, auf seinen Reisen glühender Katholik geworden zu sein. Ein Bischof in Frankreich nahm in die katholische Kirche auf und hier sah er auch Marias Bild, lernte ihr Elend kennen und wurde von ihrem rechtmäßigen Anspruch auf Englands Thron überzeugt, worüber er sich dann noch selbst weiter eine Meinung gebildet habe.

Er bringt auch die Nachricht, dass Maria schuldig gesprochen und Elisabeth die Hinrichtung nur noch hinausschiebe, um den Eindruck zu erwecken, vom Parlament dazu genötigt worden zu sein. Maria kann nicht glauben, dass Elisabeth das Königtum so schänden könnte, doch Mortimer überredet sie zu einem Fluchtplan. Maria verweist ihn allerdings an Graf Leicester, was Mortimer sehr erstaunt, sei dieser doch der "blutigste Verfolger" Marias. Sie gibt ihm ihr Bild an Leicester mit.

1/7 Burleigh erscheint, um den Richterspruch zu verkünden. Maria erkennt das Gericht nicht an, da die hochadligen Richter durch ihr Verhalten unter Heinrich VIII. kompromittiert seien. Außerdem hätten sie unter den letzten vier Regierungen den Glauben viermal geändert. Zudem seien Briten und Schotten so lange zerstritten, dass sie nicht übereinander zu Gericht sitzen dürften, solange sie nicht unter einer Krone vereint seien, nämlich unter ihrer. Sie sei auf ein Gesetz hin zum Tod verurteilt, das man nur für sie geschaffen habe, und der Vorwurf der Verschwörung sei nicht bewiesen. Außerdem seien Verfahrensfehler gemacht worden, was Paulet zugibt.

Letztlich wird klar, dass der Machtwille Elisabeths zu Marias Verurteilung geführt hat, nicht das Recht.

1/8 Burleigh betont die Gerechtigkeit des Urteils, sieht aber auch klar, dass alle Welt darin ein Willkürurteil Elisabeths vermuten werde, denn "das Richtschwert, womit der Mann sich ziert, verhaßt ist's in der Frauen Hand. Die Welt glaubt nicht an die Gerechtigkeit des Weibes, sobald ein Weib das Opfer wird".

Burleigh lässt durchblicken, dass deshalb eine Hinrichtung kritisch sei und es Elisabeth lieber sehe, wenn Maria durch Paulet schleichend vergiftet werde. Doch Paulet macht klar, dass er nicht einmal das Eindringen von Mördern dulden würde, geschweige denn selbst morden.

2/Palast zu Westminster

2/1 Zwei Lords sprechen über die Heiratspläne Elisabeths mit dem französischen Thronfolger.

2/2 Die französischen Gesandten wollen eine Heiratszusage von der Königin, doch diese wartet noch und lamentiert darüber, dass das Volk sie zur Heirat zwinge, sie aber nicht begeistert sei, sich einem Mann zu unterwerfen und ihre Freiheit aufzugeben.

Als sie dennoch den Franzosen einen Ring mitgibt, bitten diese um Marias Begnadigung, doch Elisabeth lehnt ab.

2/3 Sie lässt ihre Berater rufen. Der Großschatzmeister Burleigh will die Königin überreden, Marias Hinrichtung zu befehlen. Für ihn zählt nur die Staatsräson. Talbot dagegen rät zur Gnade, da ein Todesurteil einer Frau nicht angemessen und der Richterspruch nur ein Gefälligkeitsurteil gewesen sei. Maria sei schuldig, doch man müsse diese Schuld vor der Situation (Bürgerkrieg in Schottland) und ihrer Erziehung (in Frankreich) sehen, während Elisabeth im Elend gereift sei. Leicester warnt davor, aus Maria, vor der keine Gefahr ausgehe, eine Märtyrerin zu machen. Vielmehr solle das Urteil vollstreckt werden, sobald ein neues Komplott von ihr ausgehe.

2/4 Mortimer erscheint und berichtet der Königin von seiner Reise, seine Rolle wird immer zwielichter. Paulet übergibt Marias Bitte um eine Audienz. Burleigh rät ab, Talbot und Leicester raten zu. Man erkennt, dass Burleigh eigene Ziele verfolgt.

2/5 Elisabeth schildert mit Mortimer allein noch einmal das Dilemma, mit Marias Tod zwar sicherer zu sein, aber vor der Welt in schlechtem Licht dazustehen. Sie bittet sehr indirekt und vorsichtig Mortimer um den Mord.

2/6 Im Monolog spricht sich Mortimer gegen Elisabeth aus.

2/7 Paulet spricht Mortimer direkt auf das Gespräch mit der Königin an und sagt ihm auf den Kopf zu, sie habe ihn zum Mord überreden wollen. Sie werde ihm aber danach die Tat in die Schuhe schieben.

2/8 Leicester offenbart Mortimer seine Zuneigung für Maria. Er erzählt ihm, dass er sie eigentlich hätte heiraten sollen, sie aber dann verließ, weil er sich Hoffnungen auf Elisabeth machte, worauf Maria Darnley heiratete. Die angebahnte Ehe mit dem Dauphin verprellt nun Leicester und treibt ihn in Marias Arme zurück, die er nun angeblich liebt; gleichzeitig wird aber klar, dass sie ihm im Fall der Befreiung die Ehe versprochen hat. Als Mortimer ihm seine Befreiungspläne offenbart, macht Leicester aber einen gewaltigen Rückzieher, denn er denkt eher an eine diplomatische Befreiung. Mortimer will ihn zur gewaltsamen Aktion mit Hilfe seiner adligen Freunde überreden, selbst an eine Entführung der Königin denkt er.

2/9 Vor Elisabeth jammert Leicester wegen deren Ehe mit dem Franzosen. Sie stellt dies als Staatsraison hin, doch will sie auch wissen, ob Maria wirklich so schön sei. Leicester versucht sie zu überreden, sich selbst davon zu überzeugen, da er glaubt, dann könne das Urteil nicht mehr vollstreckt werden (Burleigh: "Das Urteil kann nicht mehr vollzogen werden, wenn sich die Königin ihr genahet hat, denn Gnade bringt die königliche Nähe."). Elisabeth gibt nach, um Leicester, den sie durch die Heirat mit dem Franzosen enttäuschen muss, einen Gefallen zu tun. Auf einer Jagd will sie im Park vor Marias Gefängnis sich mit dieser wie zufällig treffen.

3/Park vor Marias Gefängnis

3/1 und 2 Maria bekommt Ausgang, um das Treffen arrangieren zu können. Paulet eröffnet ihr die Aussicht, Maria erblasst.

3/3 Talbot ist vorausgeeilt und ermahnt Maria, sich unterwürfig zu zeigen, doch diese hat alle guten Vorsätze vergessen und ist hasserfüllt.

3/4 Beim Treffen gibt Maria der aggressiven Elisabeth zuerst in allem nach und versucht, sie milde zu stimmen, doch als Elisabeth auf ihre Jugendsünden zu sprechen kommt, kann sie sich nicht mehr zurückhalten und wirft ihr die Unrechtmäßigkeit ihres Königtums vor. Schließlich werden die Argumente reichlich unter der Gürtellinie angesiedelt und Elisabeth entfernt sich erbost. Marias Schicksal ist damit besiegelt.

3/5 Mortimer gibt Maria seinen Befreiungsplan bekannt, der die Ermordung seines Oheims beinhaltet. Maria ist entsetzt und will nichts davon wissen. Da drängt das Volk herbei.

3/6 Paulet bringt die Kunde von der Ermordung Elisabeths.

3/7 Ein Mitverschwörer benachrichtigt Mortimer, dass einer der Verbündeten versucht habe, Elisabeth zu ermorden, was misslungen sei. Mortimer will nicht fliehen.

4/Vorzimmer

4/1 und 2 Man gibt den französischen Abgesandten zu verstehen, dass ein Franzose den Mordanschlag verübt habe. Die Hochzeit wird storniert.

4/3 Burleigh und Leicester geraten aneinander, da Burleigh die französische Hochzeit eingefädelt und Leicester Elisabeth zu Maria gelockt hat.

4/4 Mortimer bringt Leicester die Nachricht, dass ein Brief Marias an ihn entdeckt worden ist, den nun Burleigh hat. Leicester versucht sich zu retten, indem er Mortimer der Wache ausliefert. Dieser verrät ihn nicht, sondern bringt sich um.

4/5 Burleigh hat Elisabeth Marias Brief gebracht. Sie befiehlt den Tod Marias und will Leicester in den Tower werfen lassen, wird aber dann unsicher, als dieser naht.

4/6 Vor der Königin kann sich Leicester darauf hinausreden, den Kontakt zu Maria nur hergestellt zu haben, um ihre Pläne aufzudecken, was schließlich zur Entlarvung der Befreiungsaktion geführt habe. Er stimmt nun selbst für Marias Tod und bekommt von der weiter misstrauischen Elisabeth den Auftrag zu dessen Ausführung.

4/7-9 Das Volk drängt auf das Todesurteil, Elisabeth fürchtet weiter um ihren Ruf und sieht sich unfähig zum Todesurteil. Auch Talbot rät ab, denn "welch Haupt steht fest, denn dieses heil'ge fiel!", Burleigh drängt zur Härte.

4/10 Im Monolog befreit sich Elisabeth von ihren Bedenken und unterschreibt das Todesurteil.

4/11 Sie übergibt ihrem Staatssekretär Davison das Urteil und versucht ihm die Verantwortung dafür aufzuhalsen, wogegen sich dieser heftig sträubt. Am Ende ist nichts klar ausgesprochen.

4/12 Davison zögert, doch Burleigh entreißt ihm die Urkunde und entfernt sich schnell.

5/Gefängnis

5/1 Kennedy erzählt Marias Haushofmeister Melvil von der letzten Nacht, in der man Maria das Todesurteil brachte. Das Klopfen, das sie hört und als Zeichen der Befreiung durch Mortimer interpretiert, ist das Geräusch das bei der Errichtung des Schafotts entsteht.

5/2-5 Die Bediensteten unterhalten sich über Marias Verfassung und die Vorbereitungen der Hinrichtung.

5/6 Maria verteilt Gaben an ihre Diener und nimmt Abschied.

5/7 Als Maria Melvil von ihrer Glaubensnot berichtet, offenbart ihr dieser überraschend, vom Papst die Priesterweihen empfangen zu haben. Maria beichtet und dabei wird klar, dass sie nie Meuchelmörder gegen Elisabeth gedungen hat.

5/8 Vor Burleigh und Leicester eröffnet sie ihre letzten Wünsche und verzeiht Elisabeth.

5/9 Mit Mühe kann sie von Burleigh erreichen, dass sie Kennedy aufs Schafott begleitet. Gegen Leicester schießt sie noch einige Spitzen ab.

5/10 In einem Monolog bekennt er sich zur Schandtat. Im Monolog wird man auch indirekter Zeuge der Hinrichtung. Maria geht gefasst und mit sich selbst im Reinen in den Tod.

5/11 und 12 Elisabeth wartet gespannt auf Nachricht, aber weder Burleigh noch Leicester erscheinen.

5/13 Talbot tritt auf und verkündet, dass er noch einmal im Tower gewesen sei und dort vom falschen Zeugnis von Marias Diener Kurl erfahren habe. Der habe das, als er bemerkte, dass er mit seiner Falschaussage für Marias Tod verantwortlich ist, fürs Volk vernehmlich durchs Fenster gebrüllt. Elisabeth ordnet eine neue Untersuchung an und macht sich selbst vor, dafür sei "noch Zeit", wohl wissend, dass Maria bereits tot ist.

5/14 Folgerichtig beruft sie sich nun darauf, Davison nicht den Befehl gegeben zu haben, das unterschriebene Todesurteil weiterzugeben.

5/15 Elisabeth lässt Davison in den Tower werfen und verbannt Burleigh, dafür macht sie Talbot zum persönlichen Berater. Der lehnt ab. Darauf ruft sie nach Leicester, der aber nach Frankreich abgereist ist.

Wichtige Personen

Elisabeth ist als englische Königin mit nicht unanfechtbarer Legitimation in einer problematischen Situation. Lässt sie Maria am Leben, könnte diese ihr den Thron streitig machen, stimmt sie der Hinrichtung zu, fürchtet sie als grausame Herrscherin dazustehen. Das Dilemma, nie auf ihre Gefühle hören zu dürfen, sondern immer als öffentliche Person agieren zu müssen, ist das Grundproblem, das Schiller an ihr darstellt. Besonders herausgestrichen wird dies dadurch, dass an sie als Frau eigentlich ganz andere Rollenerwartungen gestellt werden. Der Preis für die Macht ist ein nicht zu heilender Riss durch die Persönlichkeit.

Maria ist nach der von ihr initiierten Ermordung ihres Mannes und der Heirat des Mörders vor der Rache des schottischen Volkes nach England zu ihrer Verwandten Elisabeth geflohen, die sie aber aus Sorge um nicht ganz unberechtigte Thronansprüche der Stuart-Königin in Gefangenschaft setzen lässt. Maria initiiert zuerst verschiedene Befreiungsversuche, die allesamt schief gehen. Nachdem ihre Hinrichtung unausweichlich ist, findet sie sich in ihr Schicksal und akzeptiert ihren Tod als gerechte Sühne für die Mithilfe beim Mord an ihrem Ehemann. An ihr demonstriert Schiller die drei Entwicklungsstufen des Menschen, die er im 24. der Ästhetischen Briefe anspricht: "Es lassen sich also drei verschiedene Momente oder Stufen der Entwicklung unterscheiden, die sowohl der einzelne Mensch als die ganze Gattung notwendig und in einer bestimmten Ordnung durchlaufen müssen, wenn sie den ganzen Kreis ihrer Bestimmungen erfüllen sollen. [...] Der Mensch in seinem psychischen Zustand erleidet bloß die Macht der Natur; er entledigt sich dieser Macht in dem ästhetischen Zustand, und er beherrscht sie in dem moralischen Zustand."

Wilhelm Cecil, Baron von Burleigh, der Großschatzmeister und Berater Elisabeths, vertritt konsequent die Interessen des Staates und seiner Königin. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Hinrichtung stellt sich für ihn nicht, für ihn zählt allein die Staatsräson. Und vor der Gefahr der Rekatholisierung Englands und eines Bürgerkrieges plädiert er für die Todesstrafe. Er ist ein typischer Machiavellist.

Georg Talbot, Graf von Shrewsbury, ist der zweite wichtige Berater der Königin. Er repräsentiert am ehesten den Standpunkt Schillers. Er ist human, in seinem Standpunkt überlegt und ausgewogen sowie gerecht. Allerdings bleibt sein Einfluss gering, da er den Ausgleich zwischen Staatsinteressen und individuellem Wohl im Auge hat. Elisabeth erkennt das: "Ich ziehe die Räte vor, die meine Wohlfahrt lieben" (2. Aufzug/3. Auftritt).

Robert Dudley, Graf von Leicester, der dritte Berater der Königin, ist reiner Opportunist, den nur sein eigenes Wohlergehen interessiert. Er hält sich alle Optionen offen und ist genauso bereit Elisabeth zu heiraten wie Maria. Er ist am ehesten der Typus des Adligen, der seit der Aufklärung besonders im Bürgerlichen Trauerspiel in der Kritik der bürgerlichen Autoren steht. Er ist intrigant, eine moralische Grundlage für seine Entscheidungen gibt es nicht.

Mortimer, der Neffe von Marias Aufseher Paulet, ist die einzige erfundene Hauptfigur des Dramas. Er bringt das sogenannte "erregende Moment" in das Drama, denn mit seinem Erscheinen gibt es plötzlich die Option der Befreiung für Maria. Er repräsentiert das Katholisch-Sinnenfreudige und kontrastiert so Elisabeth. In seiner emotionalen Art, fern von Intrige oder politischem Kalkül, ist er auch eine Kontrastfigur zum zögerlich-berechnenden Leicester. Er opfert sich für seine Ideen und ist immer ganz er selbst, die Spaltung von Sein und Schein existiert für ihn nicht.

Interpretation

Für dieses Werk der Weimarer Klassik muss man Schillers ästhetische Schriften für die Interpretation heranziehen, besonders Über die ästhetische Erziehung des Menschen. Ausgangspunkt seiner Gedanken ist die Enttäuschung über den Umschlag der Französischen Revolution in die Schreckensherrschaft. Damit stellte sich für Schiller die Frage, was ist der Anlass für diesen Umschlag war und wie ein vernünftiger bürgerlicher Staat den dekadenten Feudalstaat ablösen kann, ohne dass Europa „in Barbarei und Knechtschaft zurückgeschleudert“ wird?

Bei der Frage nach dem Anlass ging er von einer Zerrissenheit des Menschen in Sinne und Geist, dem Verlust der Totalität aus. Winckelmann folgend habe zwischen diesen bei den Griechen noch Harmonie geherrscht. Mit dem Untergang der hellenischen Kultur sei diese Einheit zerbrochen und die Teile nur noch getrennt in den Individuen vorhanden. Auch der Staat könne das nicht ändern, da er gerade auf diese Individualität baut. In der Folge gibt es nur eine Instanz für die Besserung der Menschheit durch die Wiedergewinnung der Harmonie - die Kunst. Denn die ästhetische Sphäre ist die der Vermittlung zwischen Vernunft und Sinnlichkeit, an anderer Stelle nennt er den „Spieltrieb“ den Vermittler zwischen „Formtrieb“ und „Stofftrieb“.

Der Beweis Schillers ist, dass die meisten Menschen reiner Vernunft nicht zugänglich sind, da sie „durch Empfindungen zum Handeln bestimmt“ sind. Deshalb müsse „der Weg zum Kopf [...] durch das Herz geöffnet werden“.

Der Übergang von einem Staat zum anderen findet evolutionär statt: Der Mensch wird solange ästhetisch gebildet, bis die Gesellschaft die alte Schale einfach abwirft. Umgekehrt aber wird deutlich, dass das rein politisch ausgerichtete und handelnde Individuum das Problem nicht lösen kann: der öffentliche Mensch kann seine Moral nicht entwickeln, sondern scheitert und wird unmoralisch, wenn sein Handeln nicht authentisch ist. Und authentisch kann es nur sein, wenn das Individuum zu seiner Totalität zurückgefunden hat.

Elisabeth ist die typische Vertreterin des nicht authentischen Menschen. Sie kann als Frau und öffentliche Person nicht zu ihrer Totalität finden, sie ist gezwungen ein Leben im Schein zu leben. Dafür muss sie jeden persönlichen Glücks entsagen. Obwohl sie dauernd von Freiheit spricht, ist sie abhängig vom Willen des Volkes, den Anforderungen des Königtums und den Rollenerwartungen, die an sie als weibliche Monarchin gestellt werden.

Maria findet zu einem selbstbestimmten Leben, nachdem sie alle Fesseln bis hin zur Todesangst abgeworfen hat. Sie kann ihre Moralität und Totalität aber nur durch den Rückzug in die Innerlichkeit bewahren. Im öffentlichen Bereich, in der Politik, unterliegt sie den alten Mächten der adligen Hofgesellschaft. Sie hat eine eigene Vorstellung vom politischen Menschen: Die Freiheit des Individuums muss mit den Bedürfnissen aller nach vernünftigen Prinzipien zur Übereinstimmung gebracht werden.

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