Roman

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Ein Roman ist Dichtung in Form erzählender Prosa, in der Literatur der Gattung Epik zugehörig. Im umgangssprachlichen Sinne ist jedes längere Werk erzählender Prosa ein Roman.

Der Begriff Roman wurde im 12. Jahrhundert in Frankreich erstmals verwendet und bezeichnete damals allgemein in romanischer Volkssprache (nicht in Latein) verfasste Dichtung - in Abgrenzung zur fränkischen Hofliteratur.

Erzählende Prosa (Roman im umgangssprachlichen Sinn) selbst ist aber viel älter. In der Indischen Literatur entwickelte sie sich seit dem 2.Jhd. n.Chr., in der japanischen mit der Erzählform Monogatari um 1000 n.Chr. In der römisch-griechischen Antike (v.a. in der Spätantike) kursierten viele Schriften, die man heute landläufig als Roman bezeichnet (z.B. der Alexanderroman über Alexander den Großen). Andere Vorläufer dessen, was heute Roman genannt wird, sind die isländischen Sagas (nicht mit "Sagen" gleichzusetzen!), sowie Erzählformen aus China und Arabien.

Der moderne europäische Roman wurde jedoch nicht von diesen Traditionen, sondern maßgeblich von der Zeit des Barock und der Aufklärung, also bürgerlich, geprägt. Er löste das Epos als Gattung ab. Dabei sind die Unterschiede aber nicht nur formal (Prosa und Vers), sondern das Epos schildert idealtypisch die Ursprünge, der Roman schildert eine gegenwärtige Entwicklung.

Der Roman ist sehr offen für Formexperimente und hat sich deshalb in die unerschiedlichsten Genres aufgespalten. Deshalb ist er auch sehr schwer zu definieren.

Eine Minimaldefinition des Romans könnte lauten, er ist ein Prosawerk (Ausnahme sind Verserzählungen wie Puschkins Eugen Onegin oder Goethes Herrmann und Dorothea) in der die Handlung relativ kompliziert in Haupt- und Nebenhandlungen aufgeteilt ist.

Definition

Das heutige Feld des Romans entstand im Zusammenwirken verschiedener Traditionslinien. Die beiden bis 1750 bestimmenden lassen sich im englischen novel/romance Gegensatz ansprechen: auf der einen Seite flossen im 17. Jahrhundert die Traditionen der verschiedensten kurzen Erzählgattungen in den Roman ein. Wenn man es aus englischer oder spanischer Sicht beschreibt: Sie verdrängten den Roman, der angeblich wuchernd und unkritisch die Traditionen der mittelalterlichen Romanzen fortsetzte. Das Ergebnis war im 17. Jahrhundert ein an allen Rändern offenes diffuses Feld der Romanproduktion in dessen Zentrum die exemplarische Historie und ein Roman standen, der sich vom Amadis absetzte. Produktiv war der Roman vor allem an den Rändern, wo man die Debatte um die besten Traditionslinien nur pro forma führte, um tatsächlich unter dem Angebot der Fiktion beliebig wahre und skandalöse Historien zu riskieren.

Eine ganz anders gelagerte Alternative eröffnete sich dem Roman im 18. Jahrhundert: Auf der einen Seite hatte er im 17. Jahrhundert alle Kraft gewonnen, um als kommerzielle, beliebig verachtete Produktion überleben zu können — es entstand die Romanproduktion, die keinen Anspruch darauf erhebt, als Literatur diskutiert zu werden. Sie wurde der große Umsatzbringer auf dem Buchmarkt.

Gegenüber dem kommerziellen Markt bot sich allen Autoren eine Überlebenschance, denen es gelang, das aktuelle Rezensionswesen auf sich aufmerksam zu machen: Die Option, ein Publikum zu erreichen, das liest, was soeben diskutiert wird, die Option, auf dem selben Weg an Mittel der Kultur- und Literaturförderung zu gelangen und im besten Fall die staatliche Protektion zu gewinnen, der Literatur im sich wandelnden Wortsinn seit dem 19. Jahrhundert unterliegt.

Der "anspruchsvolle" Roman musste sich, um das literarische Besprechungswesen zu erreichen, zuerst der Poesiedebatte öffnen — Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Poesie Gegenstand einer sich rasch ausweitenden Diskussion nationaler Leistungen. Seit langem schon boten sich Romane als Epen in Prosa an. Der Roman zog jedoch kritische Beachtung erst auf sich, als er Mitte des 18. Jahrhunderts als Gegenstück des modernen bürgerlichen Dramas auftrat. Die Literaturdiskussion ließ sich auf ihn ein und machte aus der Untersuchung "poetischer" Qualitäten, die sie soeben adoptiert hatte, die neue Diskussion "literarischer", "künstlerischer" Qualitäten, die seitdem Romanen wie Dramen und Gedichen gilt.

Von größerer Bedeutung für den Roman wurde, dass die Literaturdiskussion sich mit dem 19. Jahrhundert geradezu bevorzugt "literarischen Fiktionen" zuwandte, um sie nun mit theologischer Interpretations- und Auslegungspraxis zu analysieren. Die grundlegende Frage der neuen Interpretationspraxis lautete: Wie schlug sich die historische Realität im Verlauf der Geschichte in künstlerisch gestalteten Fiktionen nieder? Unter dieser Entwicklung wurde der Roman zum Austragungsort letztlich aller denkabren Diskussionen, denn behaupten ließ sich an selber Stelle, dass Fiktionen stets weit mehr offenbaren, als ihre Künstler bewusst intendierten.

Der bezeichnete Entwicklungsprozess erlaubt es heute nicht mehr, den Roman mit einer Wortetymologie zu fassen. Im Englischen und Spanischen greift man auf die "novel"-Etymologien zurück, im Deutschen und im Französischen auf die "Roman"- respektive "Romanzen"-Etymologien. In allen vier genannten Sprachen geht es jedoch heute mit denselben Fragen um dieselben Texte.

Die Romandefinition selbst wurde im Verlauf der Geschichte zum eigenen Debattenfeld: Man konnte an jeder Romane auswählen, um sodann anhand der Auswahl zu beweisen, was der Roman eigentlich ist. Stets stand im selben Moment im Raum, dass man bereits mit der getroffenen Selektion Romane ausschloß, respektive mit der am Ende gegebenen Definition gezielt laufende Diskussionen entwertete. Damit, dass der Roman sich vom abenteuerlichen Genre zur wichtigsten literarischen Gattung entwickelte, seit dem 19. Jahrhundert staatlich sanktioniert bis in den Schulunterricht hinein, ist keine interessante Romandefinition mehr möglich, die nicht den Einspruch aller riskiert, Einspruch, der gegen jede Verengungen und Vereinnahmung aktueller Diskussionen einschreitet.


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