Genie

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Ein Genie (v. lat. genium = Anlage, Begabung) ist eine Person mit überragend schöpferischer Geisteskraft („ein genialer Wissenschaftler“) oder auch besonders herausragenden Leistungen auf anderen Gebieten („ein genialer Sportler“). Merkmal eines Genies sind in jedem Fall Leistungen, die ein normaler Mensch auch mit viel Anstrengung nicht zu erreichen hoffen kann.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Dieser Begriff hat zwei unterschiedliche Wurzeln: Im englischen Sprachraum stammt er vom lateinischen genius, was Schutzgeister beschrieb oder Geistesgestalten, die einen Menschen oder eine Menschengruppe symbolisierten. In Deutschland und Frankreich wiederum kann er auf „ingenium“ (natürliches, angeborenes Talent) zurückgeführt werden. In der Renaissance begann man, mit dem Wort „Genie“ künstlerische Schaffenskraft oder die Quelle der Inspiration zu beschreiben. Nach der französischen Querelle des Anciens et des Modernes breitete der Begriff sich dann schlagartig aus und dominierte die ästhetischen Debatten: Das „Genie“ stand nun für den aus sich selbst heraus schaffenden Künstler, der die Natur nicht nur nachahmt (wie es das frühere ästhetische Modell vorsah), sondern vollendet, was die Natur selbst noch nicht vollenden konnte.

Das diesem Modell zugrunde liegende Naturverständnis läßt sich im wesentlich schon auf Aristoteles zurückführen. Entscheidend ergänzt wurde es noch durch Gottfried Wilhelm Leibniz und seiner Lehre von den „möglichen Welten“. Das Genie schafft mögliche Welten, es wird zum Schöpfer und damit quasi zum Gott („poeta alter deus“ - der Dichter als zweiter Gott).

In England wurden die theoretischen Grundlagen des Geniekults vor allem von Shaftesbury gelegt. Dadurch wurde wiederum Immanuel Kant inspiriert, der den kontinentaleuropäischen und den englischen Genie-Begriff zu einer Synthese vereinigte. In seinem Werk „Kritik der Urteilskraft“ bezeichnet er das Genie als die Instanz, durch die die Natur der Kunst die Regel vorschreibe – auf diese Weise löst Kant den alten Streit der Querelle des Anciens et des Modernes über Kunst und Natur.

Der Genie-Begriff Kants hatte großen Einfluss auf die Künstler der Weimarer Klassik und Romantik. Jean Paul stellte die Frage in den Vordergrund, wie die konkreten Bedingungen für die Schaffung eines genialen Kunstwerkes aussehen. Bei Johann Wolfgang von Goethe ist zwischen seinem frühen Genie-Begriff, der in dem vom Sturm und Drang geprägten Gedicht „Prometheus“ zum Ausdruck kommt, und seinem späten, humanistisch-abgeklärten Genie-Begriff im „Faust II“ zu unterscheiden. Wilhelm von Humboldt erweiterte den Genie-Begriff zu einem allgemeinen Bildungsideal – in der Folge wurden nicht nur Künstler, sondern auch Wissenschaftler als „Genies“ bezeichnet. Friedrich Wilhelm Schelling betrachtete das Genie als ein Stück von der Absolutheit Gottes. Für die Romantiker Friedrich Schlegel und Novalis war das Genie der „natürliche Zustand des Menschen“ – es gelte nur, diesen Zustand zu bewahren oder zurückzugewinnen.

Im 19. Jahrhundert klang der Geniekult allmählich ab und der Begriff verschwand aus der Ästhetik, in der stattdessen künstlerisches Handwerk, soziale Faktoren etc. in den Vordergrund rückten. In wissenschaftlichen Diskursen spielt der Begriff „Genie“ heute keine Rolle mehr. Im alltäglichen Sprachgebrauch ist er hingegen weit verbreitet.

Der Genie-Begriff heute

Gelegentlich werden alle Menschen mit einem Intelligenzquotienten über einer gewissen Grenze (zum Beispiel 130 oder 145) als Genies bezeichnet. Eine derartige Definition ist aber fragwürdig und geht am Wesen des Genies vorbei, da unter einem Genie gewöhnlich jemand verstanden wird, der überragende geistige Leistungen tatsächlich erbracht hat, während der Intelligenzquotient nur die Kapazität zur Erbringung dieser Leistung angibt. Auch ist Intelligenz alleine wohl nicht ausschlaggebend, Fantasie und Intuition sind etwa weitere Faktoren.

Lange-Eichbaum war es, der darauf hingewiesen hat, dass es einer Verehrergemeinde bedarf, die eine Hochleistung zu der Leistung eines Genies erklärt. Verehrer finden sich leichter, wenn es um keine „normale“ Leistung geht, sondern um etwas Ungewöhnliches, ja geistig „Unnormales“ oder Krankhaftes. Da zwischen der Leistung selbst und ihrer Anerkennung oft ein sehr langer Zeitraum liegt, ergeben sich dadurch zwangsläufig für jede geniale Leistung und jedes Genie Probleme, die oft zu erheblichen sozialen und gesundheitlichen Belastungen führen. Das „verkannte Genie“ wird deshalb oft erst nach seinem Tode das Genie für eine Verehrergemeinde.

Als Genies werden zum Beispiel Nikola Tesla, Aristoteles, Nikolaus Kopernikus, Leonardo da Vinci, Albert Einstein, Leonhard Euler, Sigmund Freud, Karl Marx, Charles Darwin oder auch Lenin bezeichnet. In vielen Fällen, wie bei Marx, Freud oder Lenin, besteht allerdings keine allgemeine Einigkeit, ob diese Person als Genie anzusehen sei, da gerade die Einschätzung solch' immer noch subversiver Denker in der Regel von der persönlichen politischen Weltanschauung des Betrachters bestimmt bzw. negiert wird.

In der Kunst wird der Geniebegriff heute zunehmend kritisch betrachtet, und die Einbindung des Künstlers/Autors in den historischen und gesellschaftlich/intellektuellen Kontext betont.

Kunstgeschichte

Schutzgeister, die in mittelalterlichen Skulpturen und Abbildungen als geflügelte Gestalten abgebildet werden, werden als Genien bezeichnet. Im Barock sind sie in Form kleiner wohlgenährter Säuglinge eine sehr beliebte Dekoration.

Personen

Berühmte Genies waren u.a. Albert Einstein und Ludwig van Beethoven; s.a. Universalgenie

Zitate

„Ein geniales Werk findet beim Erscheinen so wenig Bewunderung, weil der, welcher es geschrieben, ein außerordentlicher Mensch ist und wenig Leute ihm ähneln. Doch wird sein Werk die seltenen Geister, die fähig sind, es zu verstehen, befruchten, und ihre Zahl wird sich mehren.“Marcel Proust (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Im Schatten der jungen Mädchen, ISBN 3518578758, S. 106)

„Genie ist die angeborene Gemütslage, durch welche die Natur der Kunst ihre Regeln gib.“ - Kant

„1. Das Genie ist ein Produkt seines Zeitalters.“ Egon Friedell (Kulturgeschichte der Menschheit)

„2. Das Zeitalter ist ein Produkt des Genies.“ Egon Friedell (Kulturgeschichte der Menschheit)

„3. Genie und sein Zeitalter sind inkommmensurabel.“ Egon Friedell (Kulturgeschichte der Menschheit)

Literatur

  • Wilhelm Lange-Eichbaum und Wolfram Kurth: Genie, Irrsinn und Ruhm. München. Ernst Reinhardt Verlag 1979.
  • Gerhard Prause: Genies in der Schule: Legenden und Wahrheiten über den Erfolg im Leben. München: Taschenbuch-Verlag 1998, ISBN 3-612-26486-9
  • Géza Révész: Talent und Genie: Grundzüge einer Begabungspsychologie. Bern: Francke 1952 (=Sammlung Dalp 76).
  • Schmidt, Jochen: Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750-1945. 2 Bände. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1985.

Siehe auch


Weblinks

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